Was ist ein Schutzkonzept?
Egal wo sich Kinder und Jugendliche aufhalten, sie haben ein Recht auf Wertschätzung und Schutz vor Gewalt.
Schutzkonzepte dienen dazu, alle Formen von Gewalt in Organisationen vorzubeugen und Risiken zu minimieren. Schutzkonzepte beinhalten demnach präventive Maßnahmen, professionelle Interventionen im Verdachtsfall sowie Monitoring und Dokumentation und können in den täglichen Abläufen der Kinder-und Jugendarbeit umgesetzt werden.
Wozu braucht es ein Schutzkonzept?
Schutzkonzepte dienen einerseits der Prävention, indem klare Aussagen zur Haltung innerhalb einer Einrichtung getroffen werden und dazu, wie das pädagogische Konzept und der Schutz aufeinander abgestimmt sind und ineinandergreifen. Andererseits tragen Schutzkonzepte maßgeblich dazu bei, bei einem akuten Fall überlegt, standardisiert und verantwortungsgerecht reagieren zu können.
Sexualisierte Gewalt weist eine breite Palette von Formen auf, die von verbalen sexuellen Anspielungen bis hin zur Vergewaltigung reichen. In Bezug auf Kinder und Jugendliche umfasst sie jegliche sexuellen Handlungen, die gegen ihren Willen stattfinden oder denen sie aufgrund von körperlicher, seelischer, geistiger oder sprachlicher Unterlegenheit nicht bewusst zustimmen können. Täter*innen nutzen dabei ihre Machtposition und Autorität aus, um die eigenen Bedürfnisse auf Kosten der Kinder und Jugendlichen zu befriedigen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Erwachsene sowohl gesellschaftlich als auch individuell Verantwortung für den Schutz von Kindern und Jugendlichen übernehmen. Eine erfolgreiche Präventionsarbeit von sexualisierter Gewalt besteht aus der Stärkung der Kinder und Jugendlichen, die auf den folgendenacht Präventionsprinzipien basiert.
Für die bessere Lesbarkeit wurde der Präventionsgrundsatz in der linken Spalte in jugendgerechter Sprache geschrieben und in der rechten Spalte nochmals in allgemeinen Worten erklärt.
Du bist wertvoll und dein Körper ist einzigartig. Du kannst stolz auf ihn sein. Die Entscheidung über deinen Körper liegt allein bei dir, und du hast das Recht zu bestimmen, wann, wo, wie und von wem du berührt werden möchtest. Niemand darf dich schlagen, dir wehtun oder dich so berühren, dass es sich komisch anfühlt. Höre auf dein Gefühl, ob sich Berührungen angenehme oder unangenehm anfühlen. Niemand darf von dir Berührungen verlangen, die du nicht willst.
Ein starkes Körperbewusstsein ist die Basis für ein gesundes Selbstbewusstsein und erleichtert Grenzüberschreitungen deutlicher zu erkennen und sich dagegen zu wehren. Durch die Förderung und Bestärkung eines positiven Verhältnisses zu sich selbst und zum eigenen Körper sind Grundlagen, um die Selbstwirksamkeit und Selbstsicherheit zu stärken.
Es gibt angenehme und unangenehme Berührungen: es gibt Berührungen, die sich richtig und gut anfühlen. Es gibt aber auch solche, die komisch sind, Angst auslösen oder sogar weh tun. Manche Erwachsene oder andere Kinder möchten dich so berühren oder von dir berührt werden, wie du es nicht willst: niemand hat das Recht, dich dazu zu überreden oder zu zwingen.
Das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper spielt eine wichtige Rolle bei der Verhinderung von sexueller Ausbeutung. Kinder sollten wissen, dass sie Berührungen, die sie als unangenehm empfinden, nicht hinnehmen müssen. Es ist wichtig, Grenzüberschreitungen klar zu benennen und darüber zu sprechen. Allerdings gibt es auch Situationen, wie zum Beispiel eine ärztliche Untersuchung nach einem Unfall, in denen Körperkontakte unvermeidbar sind.
Du kannst deinen Gefühlen vertrauen. Es gibt angenehme Gefühle, da fühlst du dich gut und wohl. Es gibt aber auch solche, die sind unangenehm. Du hast das Recht, komische, blöde und unangenehme Gefühle zu haben. Sie sagen dir, dass etwas nicht stimmt und dir nicht guttut. Du darfst deine Gefühle ausdrücken und mit Erwachsenen darüber sprechen, auch wenn es schwierige sind und du glaubst, dass sie nicht zu dir passen.
Kinder und Jugendliche, die sich ihrer eigenen Gefühle sicher sind, lassen sich weniger leicht beeinflussen. Indem sie ihre Gefühle ernsthaft beachten und sie auch von den Erwachsenen ernst genommen werden, entwickeln sie ein besseres Verständnis für ihre Emotionen. Dadurch sind sie eher in der Lage, auf ihr Bauchgefühl zu vertrauen und darauf zu bestehen, wenn sich etwas seltsam, unangenehm oder beunruhigend anfühlt.
Gute Geheimnisse sind toll und machen Spaß, zum Beispiel wenn du jemanden mit einem Geschenk überraschen möchtest. Aber es gibt auch schlechte Geheimnisse, die sich unangenehm anfühlen. Diese solltest du auf jeden Fall weitererzählen, auch wenn du versprochen hast, sie für dich zu behalten. Das hat nichts damit zu tun, jemanden zu verpetzen.
Der Druck zur Geheimhaltung spielt eine wichtige Rolle bei der Traumatisierung durch sexuelle Ausbeutung. Die Unterscheidung zwischen guten und schlechten Geheimnissen hilft dabei, tabuisierte Themen aufzudecken.
Es ist hilfreich „Nein“ zu sagen, wenn du Berührungen nicht magst. Dies gilt gegenüber jedem – anderen Kindern, Jugendlichen sowie Erwachsenen. Wenn du dich nicht wohl fühlst, dann darfst du NEIN sagen und dein NEIN muss auch beachtet werden – auch von Seiten der Erwachsenen.
Sexualisierte Gewalt ist eine Form der Grenzüberschreitung, und das deutliche Aussprechen von "Nein" ist eine entscheidende Möglichkeit, Grenzen zu setzen. Kinder und Jugendliche sollten dazu ermutigt werden, sowohl ihre eigenen Grenzen als auch die Grenzen anderer zu erkennen, sie ernst zu nehmen und zu respektieren. Dasselbe gilt für Erwachsene, um als Vorbilder zu dienen.
Falls du von einem belastenden Geheimnis betroffen bist, etwas Unangenehmes erlebt hast, oder dein NEIN nicht akzeptiert wird, erzähle einer erwachsenen Person, der du vertraust. Höre bitte nicht auf zu erzählen, bis dir jemand glaubt und hilft.
Kinder und Jugendliche, die gut informiert und selbstbewusst sind, können möglicherweise frühzeitig Anzeichen von sexualisierter Gewalt erkennen und sich dagegen wehren. Dennoch kann es vorkommen, dass sie Unterstützung benötigen, wenn sie in eine schwierige Situation geraten. Sie sollten wissen, dass sie Hilfe suchen können, wenn sie in Schwierigkeiten geraten, und dass sie mit einer vertrauenswürdigen Person über ihre Probleme sprechen können.
Wenn du jemals sexuelle Ausbeutung durch eine erwachsene Person oder ein älteres Kind erlebt hast, ist das keinesfalls deine Schuld. Auch wenn du versucht hast, dich zu wehren, gibt es Erwachsene und ältere Kinder, die deine Grenzen ignorieren. Vielleicht konntest du dich nicht wehren, weil deine Angst zu groß war. Doch egal was passiert ist, du bist niemals an der Situation schuld. Die Person, die übergriffig war, trägt immer die Verantwortung für ihr Handeln, unabhängig von ihren Behauptungen.
Kinder geben sich häufig Mitschuld an sexuellen Übergriffen. Zu schweigen und weitere sexualisierte Gewalt zu ertragen ist dann für viele Kinder und Jugendlichen der einzige Ausweg. Sie müssen von Schuldgefühlen entlastet und die Verantwortung für die Ausbeutung klar den Täter*innen zugewiesen werden.
Achte auf deine Wortwahl. Schimpfwörter, Beleidigungen und herabsetzende Kommentare können genauso schmerzhaft sein, wie körperliche Gewalt. Sprich darüber, wenn dich Worte verletzen, und traue dich Unterstützung zu holen, wenn du sie brauchst!
Worte haben eine enorme Macht, und oft kann ihre Wirkung genauso schmerzhaft sein wie körperliche Gewalt. Es ist daher wichtig, Kinder dafür zu sensibilisieren, wie Worte andere verletzen können, und ihnen den Wert respektvollen Umgangs miteinander zu vermitteln.